Wie wertvoll ist der gute Ruf?

Ist der Ruf erst einmal ruiniert… Anders als beim Sprichwort lebt es sich dann keineswegs ganz ungeniert. Im Gegenteil. Reputationsverlust geht ins Geld. Das wiesen Studierende in unternehmensbezogenen Risikoanalysen nach.

Vergr?sserte Ansicht: Wenn Aktienkurse nach einem rufschädigenden Ereignis einbrechen, belastet das ein Unternehmen. Wie Reputationsrisiken konkret zu Buche schlagen, haben ETH-Studierende untersucht. (Bild: Colourbox)
Wenn Aktienkurse rufbedingt einbrechen, belastet das ein Unternehmen. Wie Reputationsrisiken zu Buche schlagen, haben ETH-Studierende untersucht. (Bild: Colourbox)

Wie hoch sind die Sch?den für Unternehmen durch Reputationsverlust? Wie l?sst sich das messen? Wie hoch ist der Verlust im Vergleich zu den operativen Kosten? Und k?nnen diese Risiken zum Beispiel an Versicherer transferiert werden? Mit diesen und ?hnlichen Fragen setzten sich 16 Master-Studierende bei der ?Risk Case Study Challenge 2018? auseinander.

Dieses Seminar unter Leitung des Risk Center der ETH Zürich fand zum ersten Mal als Pilotprojekt statt und wurde in Kooperation mit dem Rückversicherer Swiss Re durchgeführt. Es wurde am Departement für Management, Technologie und ?konomie (D-MTEC) angeboten, richtete sich aber auch an Studierende anderer 皇冠体育,皇冠体育app mit Interesse am Thema Risikomanagement. Ziel war, dass sie anhand realer Beispiele aus der Wirtschaft ihr Management-Knowhow ausbauen.

?Für die Studierenden war dies eine ganz neue Erfahrung?, berichtet Bastian Bergmann, Seminarleiter und Leiter des Risk Centers. ?Sie kannten sich zwar mit statistischen Methoden und Programmierung aus, hatten sich jedoch bislang schwerpunktm?ssig mit Ingenieurwissenschaften oder Elektrotechnik auseinandergesetzt. In Themen wie Risikomodellierung oder Reputationsmanagement mussten sie sich erst einarbeiten.?

Die Bedeutung des guten Rufs

Kick-off Meeting für das Seminar war im M?rz. Die Abschlusspr?sentation vor 120 Mitarbeitenden der Swiss Re war im Juni. Dazwischen lagen zw?lf intensive Wochen, in denen die Teilnehmenden in Vierer-Gruppen jeweils im Austausch mit einem Case Manager (dt. ?Fallmanager?) der Swiss Re ein Schwerpunktthema erarbeiteten. Parallel wurden die Studierenden vom Experten der ETH Zürich in Risikomodellierung, Text-Mining und Sentiment-Analysen eingeführt.

So erforschte eine Gruppe, welche Bedeutung Unternehmen ihrem Ruf beimessen. Ihre Analyse ergab, dass sich vor allem amerikanische Unternehmen in den vergangenen Jahren zunehmend mit ihrer Aussenwahrnehmung und ihrer Reputation auseinandersetzen. Als Basis dienten den Studierenden die Gesch?ftsberichte der Firmen. Mittels Text-Mining analysierten sie die Nennung von Reputationsthemen.

Deutlich wurde dabei, dass sich besonders der Finanzsektor seit der Krise verst?rkt um Reputationsmanagement bemüht. Die Gesch?ftsberichte bezogen sich auch nicht allein auf die klassischen Zielgruppen wie Investoren und Mitarbeitende, sondern sprachen zunehmend die Medien, soziale Medien, und NGOs an. Verglichen mit der Schweiz ist das Interesse am Reputationsmanagement in den USA deutlich h?her.

Das steigende Interesse an der Reputationsfrage und der Analyse von Reputationsrisiken hat gute Gründe. Schliesslich kann Reputationsverlust unter anderem zu Mitarbeiter- und Kundenschwund führen. Wobei der direkte Zusammenhang bislang schwer messbar ist. ?Entsprechend sind neue Modellierungsmethoden auch für Versicherer interessant, um Reputationsrisiken noch genauer beziffern und vorhersagen zu k?nnen?, sagt Bergmann mit Blick auf die Zusammenarbeit mit der Swiss Re.

Wie Reputationsrisiken zu Buche schlagen

Wie Reputationsrisiken konkret zu Buche schlagen, erforschten daher weitere Gruppen im Seminar. Als Basis diente unter anderem der Aktienkurs von Unternehmen, deren Kurs durch rufsch?digende Ereignisse eingebrochen war. Dazu z?hlten Pannen beim Marketing, Cyberattacken auf Kundendaten, Unf?lle, Kritik wegen Kinderarbeit oder der Dieselskandal.

Die Studierenden berechneten auf Basis von 37 Einzelfallanalysen, wie sich der Aktienkurs ohne rufsch?digendes Ereignis aller Wahrscheinlichkeit nach entwickelt h?tte und verglichen diese Entwicklung mit dem tats?chlichen Kurs. ?Es wurde deutlich, dass der Reputationsschaden meist signifikant h?her war als der operative Schaden – speziell bei Cyberattacken,? fasst Bergmann zusammen.

Deutlich wurde auch, dass sich der Ruf von Unternehmen nach Pannen in der kurzlebigen Werbewelt viel schneller erholt, als wenn es sich um Betrugsdelikte handelt. Ist der Marketingfehlgriff vielleicht nach vier Tagen vergessen, sind Unf?lle oder Betrug auch einen Monat sp?ter in der ?ffentlichkeit pr?sent. Eine andere Gruppe widmete sich vertieft der Analyse von Reputationsverlusten durch Cyberattacken, w?hrend die vierte Gruppe schliesslich Ideen und Konzepte für m?gliche Versicherungsl?sungen zusammentrug.

Erfolgreiches Pilotprojekt

?Das Pilotprojekt war ein voller Erfolg?, zieht Bastian Bergmann Bilanz. ?Alle Teilnehmenden, haben uns positives Feedback gegeben und bescheinigt, dass sie inhaltlich viel Neues mitnehmen konnten und sich weiter mit dem Thema besch?ftigen m?chten.?

?Reputation ist sehr schwer fassbar. Umso beeindruckter bin ich, mit welch unterschiedlichen Methoden sich die Studierenden dem Thema angen?hert haben?, sagt Eric Durand, Case Manager und Leiter des Cyber Center of Competence bei Swiss Re. Für das Frühjahr 2019 plant das ETH Risk Center in Kooperation mit seinen Industriepartnern eine weitere Risk Case Challenge.
 

Vergr?sserte Ansicht: Reputation ist sehr schwer fassbar. Entsprechend interessieren sich die Industrievertreter für die unterschiedlichen Methoden, die die Studierenden entwickelt haben. (Bild: Bastian Bergmann / D-MTEC)
Reputation ist sehr schwer fassbar. Entsprechend interessieren die unterschiedlichen Methoden, die die Studierenden entwickelt haben. (Bild: Bastian Bergmann / D-MTEC)

Masterstudium am D-MTEC

Das Masterstudium Management, Technologie und ?konomie bereitet unternehmerisch denkende Studierende mit einem Bachelor in Ingenieurs- oder Naturwissenschaften auf Führungspositionen in Wirtschaft und Gesellschaft vor.
 

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